Unsere Perspektive auf die spontane Sammelaktion während des Kälteeinbruchs

Eine Woche ist es nun her, dass uns Unmengen an Kleidungs-, Hygiene- und Essensspenden aus ganz Berlin erreicht haben. Bei -10 Grad und Schneefall wurden im Kiezladen Kommune65 unzählige Jacken, Mützen, Handschuhe, dicke Socken, Schuhe, Pullover, Thermoskannen und viele weitere Sachspenden abgegeben, sodass wir selbst gerührt und auch etwas überwältigt von der Solidarität so vieler Menschen waren.

Unsere Sammelkation hat dabei zwei Sachen deutlich gemacht: Erstens, dass es ausreichend Sachen für alle gibt, aber die Verteilung hinten und vorne nicht stimmt! Vor allem während der Pandemie funktioniert die Organisation von Wohlfahrt und sozialer Arbeit noch weniger als vorher. Die Sachen kommen nicht bei den Menschen an, die sie dringend benötigen.
Und zweitens haben uns gesammelte Spenden aus anderen Bezirken und Städten erreicht, was zum einen ein schönes Zeichen ist, aber zum anderen auch deutlich macht, wie sehr der Gedanke von staatlichem Zentralismus, Bürokratismus und von Passiviät auch bei linken Menschen verankert ist.
Im Nachhinein stellen wir fest, dass wir an dieser Stelle lieber zu dezentralen Sammel- und Verteilaktionen hätten aufrufen sollen. So hätten sich auch viele hilfsbereite Nachbar:innen besser einbringen können.

Dank gilt trotzdem allen Beteiligten, die unserem Aufruf gefolgt sind! In der letzten Woche haben wir viel Arbeit investiert, die Spenden an die Menschen, die sie in diesen kalten Tagen benötigt haben, zu verteilen. Dafür sind vollgepackte Taschen zu Anlaufstellen für Bedürftige, wie dem Fixpunkt e.V., den Kiezboxen der Kiezkommune Neukölln, Jenny de la Torre-Stiftung, Unter Druck e.V. und vielen weiteren geliefert worden.

Auch Unterstützer:innen der Menschen aus dem geräumten, bis dahin selbstverwalteten Obdachlosencamp in der Rummelsburger Bucht, haben uns um Spenden gebeten. Die dort lebenden Menschen wurden vor knapp zwei Wochen in einer Hauruck-Aktion und aus niederträchtigen Gründen eines dort geplanten Millionenprojektes des Lichtenberger Bezirksamtes aus ihren selbsterrichteten Behausungen vertrieben. Diese Menschen wurden so ihrer Habseligkeiten und sicherem Unterschlupf beraubt. Einige von ihnen wurden in Hostels untergebracht, wohlwissend, dass sie ab Mai wieder auf der Straße landen werden.
Die Fürsorge, die sich die Stadt auf die Fahne schreibt, gleicht einer einzigen Entmündigung der Betroffenen und verfehlt den Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

Diese Räumung ist nur die Spitze des Eisberges, wenn es um die Missachtung der Bedürfnisse obdach- und wohnungsloser Meschen in Berlin geht. Denn auch wenn unsere Aktion wenigstens einigen Menschen eine weitere Schicht an Kleidung oder eine zweite Decke zum Schlafen ermöglicht hat, mussten wir sie doch bei -15 Grad auf der Straße zurück lassen. Wir übernehmen die symptomatische Arbeit, die das kapitalistische System verursacht und nicht selbst bewältigen kann. Wir fordern deshalb die dauerhafte Rückumwandlung von Ferienwohnungen und Hotels in menschenwürdigen und bezahlbaren Wohnraum und – ganz nach dem Prinzip Housing-First – dass obdachlosen Menschen eine eigene Wohnung zur Verfügung gestellt wird.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Unterstützung der Kampagne „Deutsche Wohnen und Co Enteignen“. Werdet Teil unseres Kiezteams (kiezteam_wedding@dwenteignen.de) und unterstützt den Volksentscheid für die Vergesellschaftung der Wohnungen von privaten Wohnungsgesellschaften.

Denn nur durch ein solidarisches Miteinander im Kiez können wir uns für Wohnraum für Menschen einsetzen, die diesen unsäglichen Risiken ausgesetzt sind.

Kommission für Wohnen der Kiezkommune Wedding