Als Frauen, trans Menschen und nichtbinäre Personen, die patriarchale Unterdrückung erfahren, sind wir in besonderem Maße von den Folgen der Pandemie, aber auch von den getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus betroffen. Denn wir sind es, die häufig gesellschaftliche Sorgearbeit, ob als Pfleger*innen oder Erzieher*innen, leisten. Wir sind es, die in prekären Teilzeit-Jobs oder informellen Arbeitsverhältnissen schuften müssen und in diesem Lockdown akut von Kündigung bedroht sind. Egal ob auf der Intensivstation oder an der Supermarktkasse: wir sind es, die häufig in Berufen arbeiten, die uns besonders jetzt einem gesundheitlichen Risiko aussetzen.
Seit März heißt es, wir sind „systemrelevant“: klassische Frauenberufe wie die Pflege haben im Zuge der Pandemie eine neue Wertschätzung erfahren. Doch Dankesreden, ein symbolischer „Helden“-Titel und Klatschen vom Balkon aus reichen uns nicht. Wir haben die verfehlte Gesundheitspolitik der letzten Jahre nicht vergessen, die „Wirtschaftlichkeit“ einer zugänglichen Gesundheitsversorgung und anständigen Löhnen vorzieht. Unter welcher Krankenhausschließungen und Pflegenotstand die Regel sind. Solidarisch stellen wir uns hinter die Forderungen der Arbeiter*innen beim Charité Facility Management, die seit Jahren gegen Lohndumping streiken. Derzeit sind die Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern und Altersheimen katastrophal: die dort Beschäftigten werden dort teilweise zur Arbeit gerufen, wenn sie positiv getestet wurden, aber zunächst symptomfrei sind. Statt langfristigen Lösungen werden ihnen als Entschädigung einmalige Prämienzahlungen angeboten.
Wir sind es auch, die momentan dreimal so viel Reproduktionsarbeit leisten wie Männer. Nach der Arbeit putzen, kochen, waschen oder Kinder und Angehörige versorgen und so unter massivem psychischen Druck und körperlicher Erschöpfung leiden. Durch die Folgen der Pandemie und der ergriffenen staatlichen Maßnahmen verschärfen sich patriarchale Verhältnisse: ein verstärkter Rollback in traditionelle Rollenbilder, aber auch ein Anstieg körperlicher Gewalt gegenüber Frauen. Meldungen über häusliche Gewalt häufen sich, etwa alle 26 Stunden wird ein Femizid verübt, hat die Gewalt ein tödliches Ende. Erst im Oktober traf es auch eine junge Frau in Berlin-Gesundbrunnen, eine unserer Nachbar*innen.
Unsere Arbeit, ob im Krankenhaus, in der Kita oder daheim ist der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält!
Bessere Entlohnung, Maßnahmen zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, sowie unbürokratische Unterstützung aller, die ihre Jobs verloren haben und für die Miete aufkommen müssen sind dringend notwendig. Langfristig brauchen wir jedoch strukturelle Veränderungen und sind uns bewusst, dass wir uns diese nur mit praktischer Solidarität und politischer Organisierung von unten erkämpfen werden! Dafür braucht es gerade jetzt eine klassenbewusste, feministische Perspektive und den Aufbau von Netzwerken zur unkomplizierten, gegenseitigen Unterstützung in unseren Kiezen. Das Feld wollen wir den wissenschaftsfeindlichen, antifeministischen Rechten, die mit Verschwörungserzählungen immer mehr orientierungslose Menschen erreichen, nicht überlassen.
Wir stehen zusammen mit allen patriarchal Unterdrückten in unseren Kiezen, in der Bundesrepublik und allen Kontinenten. Wenn wir uns hier in unserer Nachbarschaft kennen- und unterstützen lernen, schaffen wir die Voraussetzung dafür, Vereinzelung, staatlicher Kontrolle und dem Zwang der Lohnarbeit etwas entgegenzusetzen.
Unser Leben und unser Körper gehört uns, unsere Gesundheit ist keine Ware!
Krankenhäuser vergesellschaften, Marktlogik und Patriarchat angreifen!